Die SFOR (Stabilisation Force) sollten als Friedenstruppe der Vereinten Nationen den Friedensprozess in Bosnien und Herzegovina unterstützen. Im Bild ist das deutsche SFOR-Feldlager in Raijlovac im Jahr 1997 zu sehen

Reordering Yugoslavia, Rethinking Europe A Transregional History of the Yugoslav Wars and the Post-Cold War Order (1991–1995)

Projektinhalt

Für die Geschichte Jugoslawiens, Europas und der internationalen Ordnung bildete das Jahr 1991 eine tiefgreifende Zäsur. Die Auflösung der UdSSR besiegelte das Ende einer Epoche und führte Europa und die Welt in eine neue Ära, deren konkrete Ausgestaltung noch nicht absehbar war. In den Jugoslawienkriegen, die im gleichen Jahr ausbrachen, bündelten sich Konfliktlinien und Spannungspotenziale, die sich für die Konstituierung einer Post-Cold War Order als wegweisend erwiesen: Nationalitätenkonflikte und „ethnische Säuberungen“, Flucht und humanitäre Notlagen, Staatszerfall und militärische Interventionen. Für die zeitgenössischen Akteure wurden die Jugoslawienkriege so zu einer Schlüsselerfahrung, die weitreichende Auswirkungen auf die normative, institutionelle und sicherheitspolitische Neugestaltung Europas hatte. Um die Wechselwirkungen zwischen den Jugoslawienkriegen und dem Wandel der internationalen Ordnung zu erforschen, verfolgt das Projekt einen transregionalen, verflechtungsgeschichtlichen Ansatz, der Zugänge der internationalen Zeitgeschichte und der Südosteuropaforschung kombiniert.

Vier Teilprojekte widmen sich südost-, mittelost- und westeuropäischen Akteuren und ihren Versuchen einer Neukonfiguration des postjugoslawischen Raums und der politischen Neuordnung Europas. Auf diese Weise leistet das Projekt einen Beitrag zu einer gesamteuropäischen Geschichte der Jugoslawienkriege, bei der stets auch der transatlantische Kontext und globale Entwicklungen einbezogen werden. Im Mittelpunkt der empirischen Archivarbeit stehen der serbisch-kroatische Konflikt und der Bosnienkrieg bis zum Abkommen von Dayton 1995. Durch die Einbindung eines internationalen Expertennetzwerks werden zudem weitere Akteure – etwa die Vereinigten Staaten und Russland – und der Kosovo-Krieg 1998/99 berücksichtigt.

Das interdisziplinäre, von der Leibniz-Gemeinschaft geförderte Verbundprojekt ist am Berliner Kolleg Kalter Krieg des Instituts für Zeitgeschichte angesiedelt und wird gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg sowie dem Lehrstuhl für Südosteuropäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt. Es besteht aus vier Teilprojekten und wird von Agnes Bresselau von Bressensdorf geleitet:

Teilprojekt 1: Humanitarian Interventionism from Below: Civil Society, Local Authorities and Statehood in the Bosnian War (Bearbeiter: Kristof Gosztonyi, Humboldt-Universität zu Berlin)

Teilprojekt 2: Crossing Borders and Re-ordering European Boundaries: Refugees from Yugoslavia in Germany and Austria (Bearbeiter: Bennet Groen, IfZ)

Teilprojekt 3: Making Its Way toward Europe by Distancing Itself from the Balkans? Czechoslovakia, Its Successor States, and the Yugoslav Wars (Bearbeiter: Stefan Sagberger, IOS)

Teilprojekt 4: Europe in Search of Itself: The Reordering of the Post-Yugoslav Space and the Making of a Post-Cold War Order (Bearbeiter: Lukas Daub, IfZ)

Substanzieller Bestandteil des Gesamtprojekts sind darüber hinaus eigenständige Forschungsbeiträge von Christian Methfessel und Ingo Loose. Durch die Kooperation mit mehr als 20 Partnerinstitutionen aus dem In- und Ausland trägt das Projekt aktiv zur internationalen Vernetzung südosteuropäischer und zeithistorischer Expert/innen bei.