Call for Papers: Die Berliner Luftbrücke. Ein Erinnerungsort des Kalten Krieges

Internationale Tagung in Berlin im März 2017

So, 10.7.2016, 0:00

Bitte senden Sie 
Ihre Vorschläge an:

Prof. Dr. Ulrich Pfeil
UFR Arts, Lettres et Langues Université de Lorraine
Ile du Saulcy - CS 70328 57045
Metz cedex 01

upfeil@orange.fr

 

 

Logo: Université de Lorraine CEGIL

 

Logo: AlliertenMuseum

 

Logo: Berliner Kolleg Kalter Krieg (B3K)

Die Tagung "Die Berliner Luftbrücke. Ein Erinnerungsort des Kalten Krieges" findet am 13. und 14. März 2017 im AlliiertenMuseum Berlin statt und wird gemeinsam von LaBex ENHE, CEGIL (Université de Lorraine), dem AlliiertenMuseum und dem Berliner Kolleg Kalter Krieg ausgerichtet. Bis zum 10. Juli 2016 bitten wir um Themenvorschläge und Exposés.

"Die Berliner Luftbrücke. Ein Erinnerungsort des Kalten Krieges"

"Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, daß ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!" Mit diesen schnell berühmt gewordenen Worten wandte sich der damalige Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter am 9. September 1948 nicht nur an die Bewohner der ehemaligen Reichshauptstadt, sondern rückte Berlin als "Vorposten der Freiheit" vor der Weltöffentlichkeit in das Zentrum des sich herausbildenden Kalten Krieges. Über Deutschland hinaus deutete er mit dem Finger auf die vom Kalten Krieg ausgehende Bedrohung für den "Westen" und forderte die "freien Völker" dazu auf, dieser Herausforderung erfolgreich durch ein inniges Zusammenstehen zu trotzen. Ob nun wirklich "die ganze Welt […] dieses Berlin" sah, wie Reuter erklärte, ist eine der Leitfragen unserer Tagung, die, ausgehend von der "Frontstadt" Berlin, den Blick nach Westdeutschland und in das benachbarte Ausland richten will, um zum einen die Luftbrücke als transnationalen Erinnerungsort des Kalten Krieges zu fassen, zum anderen aber auch über den Blick von außen der Frage nachzugehen, ob Berlin zur damaligen Zeit wirklich im internationalen Fokus des Ost-West-Konflikts stand, wie es in Presse und Forschung oftmals zu lesen ist.

Berlin bietet bis heute eine vom Kalten Krieg aufgeladene vielschichtige Erinnerungslandschaft mit ihren materiellen und mentalen Spuren, in der die Luftbrücke u.a. mit dem Tempelhofer Flughafen, dem Luftbrückendenkmal und der U-Bahn-Station "Platz der Luftbrücke" prominent vertreten ist. Für die Erlebnisgeneration in West-Berlin sind diese "Erinnerungsorte" im Verständnis von Pierre Nora bis heute identitätsstiftend und gehören zu ihrem kollektiven Gedächtnis. Wenn wir mit Etienne François und Hagen Schulze "Erinnerungsorte" aber als "langlebige, Generationen überdauernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität" verstehen, dann stellt sich die Frage, inwieweit die nachgeborenen und hinzugezogenen Generationen die Luftbrücke (immer noch) als Teil ihres kollektiven West-Berliner Gedächtnisses annahmen. Die Relevanz dieses West-Berliner Erinnerungsortes für die ehemalige Ost-Berliner Bevölkerung gilt es darüber hinaus zu ergründen.

Das kulturelle Gedächtnis ist das Ergebnis fortlaufender politischer und gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, so dass sich auch beim "Erinnerungsort Luftbrücke" die Frage stellt, wann der Konstruktionsprozess begonnen hat, welche Motive es gab und welche Akteure sich daran beteiligten, wie er sich ab 1948/49 entwickelt hat und welche Bedeutung ihm fast 70 Jahre später noch zukommt. Erinnerungsorte beschränken sich dabei nicht alleine auf Örtlichkeiten und materielle Objekte. Sie manifestieren sich auch an Persönlichkeiten, mythischen Gestalten, Ritualen, Bräuchen und Symbolen. In dieser Form nehmen sie quasi eine Gestalt an oder bilden einen begrifflichen Topos und kondensieren gemeinsame Assoziationen.

Werden bei dieser Tagung die politischen, wirtschaftlichen, militärischen, technologischen und humanitären Herausforderungen durch Blockade und Luftbrücke und die Konsequenzen für den Kalten Krieg, die Teilung Berlins und Deutschlands auch nicht gänzlich ausgeblendet, so soll über die Analyse der verschiedenen Medien (Presse, Wochenschau usw.) doch ein erster Schwerpunkt der Tagung auf der unmittelbaren Perzeption dieses zentralen Ereignisses des Kalten Krieges bei den Siegermächten, in Westdeutschland und in der SBZ/DDR liegen. Darüber hinaus soll die Erinnerung an Blockade und Luftbrücke anhand der Feierlichkeiten (Organisation, Verlauf, Echo) und öffentlichen Reden (Entwicklung von Narrativen), der Jahrestage mit seinen Symbolen (Plakate, Briefmarken usw.), der Verankerung in der Topographie Berlins und darüber hinaus (Denkmäler, Erinnerungstafeln, Straßenumbenennungen) und der Musealisierung (Gedenkstätten, Flughafen Tempelhof, AlliiertenMuseum, Erinnerungsstätte in Fassberg usw.) beleuchtet werden, um bei der Frage nach dem Erinnerungsort "Luftbrücke" die prägenden historisch-sozialen Bezüge und die Symbolik freizulegen. Zudem soll die Verarbeitung der Luftbrücke in den verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen wie Film (Spielfilm, Dokumentarfilm), Foto, Literatur (Roman, Krimi, Komik usw.), Musik und Malerei, aber auch die Analyse weiterer Medien wie Radio, Videospiele und auch Schulbücher einbezogen werden, denn erst über diese unterschiedlichen Zugänge können wir uns einen Eindruck von der gesellschaftlichen Verankerung des Erinnerungsortes "Luftbrücke" verschaffen.

Die Tagung verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und will nicht nur Historiker ansprechen, sondern auch Politologen, Fachdidaktiker, Literatur-, Medien-, Kunst- und Musikwissenschaftler. Die Einladung zu unserem Kolloquium richtet sich explizit zugleich an erfahrene und junge Forscher aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Vorträge können in deutscher und englischer Sprache gehalten werden und sollten 20 Minuten nicht überschreiten, um Platz für eine Diskussion zu lassen. Die genaue Struktur der Veranstaltung am 13. und 14. März 2017 wird von den eingegangenen Vorschlägen abhängig sein. Mit der Einreichung eines Themenvorschlages verpflichten Sie sich zugleich, einen Beitrag für die Publikation zu verfassen, die im Frühjahr 2018 erscheinen soll. Kosten für Reise und Unterbringung werden nach Maßgabe der eingeworbenen Drittmittel erstattet.

Bitte senden Sie Ihren Themenvorschlag, eine Zusammenfassung Ihres Vortrages (2500 Zeichen) sowie einen Lebenslauf bis zum 10. Juli 2016 an Ulrich Pfeil (upfeil@orange.fr) und Corine Defrance (corine.defrance@wanadoo.fr).

Der wissenschaftliche Beirat dieser Veranstaltung wird dann über die eingegangenen Vorschläge entscheiden. Ihm gehören Corine Defrance, Bernd Greiner, Bettina Greiner, Bernd von Kostka und Ulrich Pfeil an.